Taxifahrer sind ziemlich abgedrehte Leute. Mich fuhr da schon der ehemalige Gynäkologe, der von der riesen Oberweite seiner Tochter berichtete, die er selbst zur Welt gebracht hat. Der Rechenkünstler, der eine Hypotheke auf sein Haus hat und dem die Marktfrau im Januar 2001 den doppelten Preis für Feldsalat abknöpfte. Oder der Hut tragende Gentleman, der mir die Tür aufhält.
Lustig fand ich die Frau, die mich, als ich ihr mein Ziel nannte, entgesitert anblickte, sich aber im nächsten Moment dafür entschuldigte, weil ich die erste Frau sei, die sie dorthin bringe; normalerweise arbeiten bei der Firma doch nur Männer?! Schnell sieht sie die Ironie der Lage ein, schließlich arbeitet auch sie in einer von Männern beherrschten Branche.
Radiosender hören sie auch komische, die Taxifahrer; Radio Regenbogen, was noch am ehesten zu ertragen ist, oder auch den Deutschlandfunk. Aber bei „Immerwieder Sonntags“ auf SWR 4 oder anderen, mir weniger geläufigen Schlagern, dreht es mir am frühen Morgen auch schonmal den Magen um. Klassik ist ganz schön - wenn diese nicht immer duch den knackenden Taxi Funk gestört würde „Theader“ - „Einen Wagen zum Novotel, Zimmer 517“ - „Theader“ - „Dialyse“ - und das in diesem nervigen badischen Singsang…
Auch gibt es mindestens zehn verschiedene Wege, die durch die Fächerstadt an mein Ziel führen. Manche davon sind natürlich teurer als andere, und so manch Schlauer Fuchs glaubt wohl, einen unerfahrenen Besucher im Wagen sitzen zu haben. Aber als ich letztens schlechtgelaunt einem Herrn klarmachte, dass - egal welche Ampel- und Straßenbahn-Argumente er mir auch bringen mochte - er damit den teuersten Weg gefahren ist, und ich für die andere Strecke nie mehr als 13 Euro selbst im Berufsverkehr zahlen muss, stellte er beschämt bei 13 Euro das Taxameter aus. Erwischt!
Und dann ist da noch Herr Ephraim. Viele der Gesichter sind mir mittlerweile geläufig, und auch mit ihm bin ich mittlerweile schon mehrere Male gefahren. Am Montag fiel es uns beiden dann auf, dass wir uns aneinander erinnerten, und ich ließ mich auf ein Gespräch ein, was ich bei den kurzen Fahrten zum Bahnhof normalerweise gern zu vermeiden versuche, da ich absolut kein Freund von Small Talk bin.
Herr Ephraim kommt aus Palästina - so sagt es der Schriftzug auf der kleinen Flagge aus Plastik, die an einer Kette am Armaturenbrett baumelt. Zuerst frage ich mich, warum er ein warmes Land verlassen hat, um hier im feucht-kalten Klima Taxi zu fahren. Schnell fällt es mir ein - auch ich ziehe Regen und Schnee dem Krieg vor, auch wenn ich noch nie welchen erleben musste. Ein Zitat aus dem Film „Leg dich nicht mit Zohan an“ fällt mir ein: „Wir kämpfen jetzt seit zweitausend Jahren, lange kann es nicht mehr dauern!“
Aber Herr Ephraim strahlt Lebensfreude aus. Seit zwanzig Jahren lebt er nun schon hier - aber seine drei Kinder kann er nicht mit seinem Taxi zur Schule fahren, die nehmen auch die Straßenbahn, obwohl die eine direkte Konkurrenz der Taxifahrer ist.
Eine Frau ruft auf seinem Handy mit Freisprecheinrichtung an, und ohne ihren Namen zu nennen, bittet sie ihn, sie morgen früh um zehn nach neun abzuholen. Als sie aufgelegt hat, erklärt Herr Ephraim ehrfürchitg:“Sie war Richterin am Bundesgerichtshof! Und ihre Tochter ist ebenfalls Juristin, sie arbeitet in Den Haag!“
Nachdem er mir mindestens dreimal eine gute Heimreise und einen schönen Abend gewünscht hat, freuen wir uns beide darauf, bald wieder miteinander zu fahren. Er ist halt ein kommunikativer, aber sehr höflicher und feundlicher Mensch, und das finde ich gut so.
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