DER SCHATTEN
umfasst alle dunklen, minderwertigen, dem Ich unerwünschten Persönlichkeitsanteile. Er ist das Ordinäre, Triebhafte, das Aggressive und Destruktive in einem. Er wird in der Regel projiziert auf ein gleichgeschlechtliches Gegenüber, auf den "bösen" Nachbarn, Ausländer - welche das tun, was ich mir nicht erlaube, worüber ich mich ärgere/ aufrege. Hinweise auf Schattenhaftes sind Zornausbrüche wider Willen, überhaupt Affekte, man denkt im selben Moment „Warum tu ich das, das bin ich doch gar nicht?!“. Veranschaulichungen in Literatur und Mythologie wären Mephisto, Mr. Hyde, der Kampf der Mächte des Lichts gegen die Finsternis... Bei einer objektiven (statt urteilenden) Betrachtung enthält der Schatten durchaus Positives - nämlich gesunde Instinkte und kreative Impulse. Die Auseinandersetzung mit dem Schatten ist notwendig zur Definition und Entwicklung des Ichs. Er fordert das Bewusstsein heraus, führt zum moralischen Konflikt, erwartet von uns Stellungnahmen/ eine Entscheidung. Im Zuge der Selbsterkenntnis ist die Schatten-Integration der erste grosse Schritt, Voraussetzung und Bedingung jeder charakterlichen Reife. Verlangt werden Mut bzw. Ehrlichkeit zur Wahrnehmung und Konfrontation der dunklen Seite, auch das "Hässliche" in sich anzuerkennen und anzunehmen, sich damit zu versöhnen/ dazu zu stehen (denn jeder ist sich selbst der ärgste Feind, mit sich selbst am unduldsamsten). Soweit die Theorie nach C. G. Jung.
http://www.astrologix.de/astroInfo/prinziP/archetyp/cJung/cJung.htm
Und wie soll ich das jetzt meinem eigenen, in die tiefsten Abgründe meiner selbst verbannten Schatten beibringen? Wie soll ich diese Zicke bitte „emanzipieren“??
Alles war gut, solange ich alleine war. Ich bin berufstätig, wohne alleine, bin eine selbständige Frau. Alles super. Aber sobald aber ein Mann in mein Leben tritt, kämpft sich mein Schatten ans Tageslicht und übernimmt das Steuer, ich bin absolut machtlos.
Das äußert sich unter anderem in folgenden Eigenschaften: Ich habe keine Lust mehr auszugehen (das hat bis vor kurzem einen Hauptteil meines Lebens bestimmt!!), ich weiß plötzlich nicht mehr, wie ich früher allein meine Abende verbracht habe (anscheinend ganz gut, ich habe ja bis hierhin überlebt?!) und wenn Er sich mal nicht pünktlich meldet oder einfach mal was anderes zu tun hat, außer den Abend mit mir zu verbringen (Hallo, dieser Mensch hat auch ein Leben, dass schon vor mit stattgefunden hat!!), dreht mein Kopfkino durch und erfindet Oskar-reife Geschichten über Untreusein, Verlassenwerden, mysteriöse Todesumstände, schicksalhafte Begegnungen der Dritten Art, oder, oder, oder….
Ich habe diese Phase vor ein paar Jahren schoneinmal durchlebt. Aus beruflichen Gründen habe ich ein Jahr lang alleine gewohnt, allerdings viele Freunde um mich herum wissend. Ich habe mein eigenes Leben geführt, habe nicht gejammert, dass Er nicht da war, habe alles alleine genossen und für mich getan. Wenn ich die Psychologen-Theorie richtig interpretiere, habe ich meinen damaligen Schatten emanzipiert, habe mich individualisiert und konnte ziemlich gut damit leben.
Bis Er wieder bei mir eingezogen ist. Denn da hat mein Schatten gesagt: „Nee, wir sind jetzt selbständig, raus mit dir!“ - und ich war nach langer Zeit plötzlich Single. Glücklicher Single, wie ich mit gutem Gewissen behaupten kann.
Jetzt ist es aber wieder so weit. Mein Schatten starrt auf’s Telefon, wann der Anruf oder die SMS endlich kommt, drückt alle zwei Minuten die Refreshtaste des Internetbrowsers, um die Emails nach Neueingängen zu checken und muffelt schlechtgelaunt meine Umwelt an, weil er heute noch nicht wachgeküsst worden ist.
Außerdem müssen meine Freundinnen ständig verzweifelte Anrufe oder Emails von mir ertragen mit der Begrüßung oder dem Betreff „Mein Schatten dreht wieder am Rad!“.
Meine Versuche, über meinen Schatten zu springen oder mit Schattenboxen das Problem zu minimieren, haben bisher leider keine Erfolge gezeigt. Ich schaffe es einfach nicht, genügend Vertrauen aufzubauen, um der Sache einfach ihren Lauf zu lassen. Dabei hat Er mir nie einen Grund gegeben, daran zu zweifeln. Es gelingt mir selten bis gar nicht, mein Leben wie bisher weiterzuleben.
Vielleicht tu ich das manchmal äußerlich, aber solange ich den mir gewidmeten Tätigkeiten nachgehe, flüstert mir jemand ins Ohr: "Du belügst dich, du verdrängst!“
Außerdem befürchte ich, in eine Art Teufelskreis zu geraten. Was, wenn ich meinen Schatten wieder so weit emanzipiert habe, dass er wieder merkt, „Hey, den Kerl brauchen wir gar nicht!“?
Dann hätte ich zwar mein Abhängigkeitsproblem gelöst, wäre aber um eine weitere Verbitterung reicher: „Wozu brauchen wir Männer? Ich kann andere dafür bezahlen, mir schwierige Dinge zu erledigen, zum Klonen braucht man sowieso nur die X-Chromosomen der Frauen, und guter Sex…. ist heute schließlich auch nicht mehr von einem festen Partner bzw. von einem Mann aus Fleisch und Blut anhängig.“
Und Liebe? Nun ja, die Sehnsucht danach, nach zärtlichen Berührungen, nach dem Zusammengehörigkeitsgefühl könnte ich dann ja wieder ins Schattenreich verbannen, denn den Schatten würde sowieso so schnell niemand mehr ans Tageslicht befördern.